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Rezensionen > Nothomb, Amélie: Attentat

Copyright: Diogenes Verlag, ZürichLiebe - und andere Hässlichkeiten
Amélie Nothombs Roman "Attentat"

Amélie Nothomb: Attentat. Roman.
Aus dem Franz�sischen v. Wolfgang Krege.
Zürich: Diogenes Verlag 2006.
ISBN 3-257-06525-6
194 Seiten. EURO 18,90


"Es gibt keine unm�gliche Liebe", hei�t es ganz am Ende des Buches, das erst jetzt, mit neunj�hriger Versp�tung, auf Deutsch erschienen ist. Epiphane Otos, die traurig-schaurige Hauptfigur, ist Ende zwanzig, gebildeter M��igg�nger, empfindsam-empfindlicher Sch�ngeist und - abgrundtief h�sslich. Ein Leben zwischen Askese und erotischer Tristesse ist unter diesen Umst�nden vorgezeichnet. Immerhin lernt er durch einen gl�cklichen Zufall die sagenhaft sch�ne Schauspielerin Ethel kennen, eine ebenso naive wie sanftm�tige Engelsgestalt, die Epiphanes defizit�re K�rperlichkeit gar nicht zu bemerken scheint und sogar stolz darauf ist, ihn als Freund zu gewinnen.

Mit ihrer Hilfe bringt er es zum Star-Model: Bei Modenschauen tritt er als professionelles Laufstegmonster, als lebende Kontrastfigur auf, welche so die Sch�nheit der M�dchen umso schillernder zur Geltung bringen soll. Epiphane genie�t die unerkl�rliche Zuneigung seiner Sch�nen und leidet zugleich darunter. Denn sie bleibt platonisch, ber�hrungslos, unbefriedigend. Er, das bedauernswerte Opfer einer �blen Laune der Natur, die wandelnde physiognomische Gesetzlosigkeit, will mehr von seiner bezaubernden Freundin, wagt es jedoch nicht, sich das einzugestehen: Der verunstaltete Gentleman genie�t eben nicht und schweigt. Schlie�lich, davon ist Epiphane �berzeugt, repr�sentiert Ethel jene "absolute" Sch�nheit, die es gegen das profane System "normierter" �sthetik zu verteidigen gilt. Nur die "wahre" Sch�nheit, so die krude Philosophie, wird die Welt erretten, bedarf dazu jedoch der Abscheulichkeit.

Doch auch die Libido verlangt ihr Recht; als er sich schlie�lich offenbart, kommt es zur Katastrophe: Die Angebetete weist ihn entsetzt und angewidert ab, Epiphane t�tet sie und landet im Gef�ngnis - schon in Nothombs Roman "Im Namen des Lexikons" (2003) mutma�te die Hauptfigur, dass Mord eine st�rkere Verbundenheit unter den Beteiligten stifte als ein Geschlechtsakt.

Die belgische Starautorin Am�lie Nothomb erz�hlt wie gewohnt rasant, schn�rkellos und pointiert, zuweilen am�sant und durchaus humorvoll. Aber ihre allzu wilde Prosa der Atemlosigkeit ufert in blo�e Geschw�tzigkeit aus, gaukelt dort intellektuelles Vergn�gen vor, wo meist fade Belanglosigkeit waltet. Die provokative Potenz, die ihren Texten so gern unterstellt wird und die f�r einige ihrer zahlreichen B�cher, etwa f�r den Erstling "Die Reinheit des M�rders" (1992) auch G�ltigkeit beanspruchen darf, hat sich hier weitgehend abgenutzt. Das ist entschieden zu wenig, um sich nachhaltig ins literarische Ged�chtnis einzuschreiben. Leider.

Holger Dauer

© TourLiteratur / Autor
Alle Rechte vorbehalten

Eine leicht gekürzte Fassung der Rezension erschien unter dem Titel "Die Schöne und der Schaurige" zuerst in der "Allgemeinen Zeitung", Mainz ( vom 11. April 2006).

Buchcover: © Diogenes Verlag, Zürich

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