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Special: Rezensionsprojekt Winnweiler (2005) > Rezensionen > Indridason, Arnaldur: Nordermoor

Copyright: Bastei LübbeMord auf Umwegen
Arnaldur Indridasons fesselnder Krimi "Nordermoor"

Arnaldur Indridason: Nordermoor. Island Krimi.
Aus dem Isl�ndischen von Coletta B�rling.
Bergisch-Gladbach: Bastei L�bbe 2003
ISBN 3-404-14857-6
316 Seiten. EURO 7,90

Der isl�ndische Autor Arnaldur Indridason wurde 1961 geboren und arbeitete als Journalist und Filmkritiker bei Islands gr��ter Tageszeitung in Reykjavik. Dort lebt er auch heute als freier Autor mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern. Sein Kriminalroman "Nordermoor" sowie das darauffolgende Werk "Todeshauch" erhielten jeweils in den Jahren 2002 und 2003 den "Nordic Crime Novel's Award", was zu einem beispiellosen Erfolg in der Geschichte dieses Krimipreises z�hlt.

Den anf�nglichen Haupthandlungsort stellt die Wohnung eines Ermordeten namens Holberg dar, auf dessen Bauch die Kommissare Erlendur, Elinborg und Sigurdur �li einen Zettel mit einer verschl�sselten Nachricht vorfinden. Der 69-j�hrige Tote scheint ein Geheimnis zu bergen, das niemand kennt - au�er dem M�rder. L�ngere Recherchen schlie�en auf eine d�stere Vergangenheit: So wurde Holberg vor fast vierzig Jahren von einer Frau wegen Vergewaltigung angezeigt, jedoch freigesprochen. Das Opfer hatte sich wegen ihrer - an einem Gehirntumor - gestorbenen Tochter das Leben genommen. In Holbergs Schreibtisch findet die Spurensicherung eine Fotografie vom Grab des M�dchens. Ist sie Holbergs Tochter gewesen? L�sst sich dies mittels einer DNA-Analyse aufkl�ren?

Vermeintliche L�sungsversuche bringen weitere Verbrechen und daraus resultierende Folgen zum Vorschein, mit denen Holberg in gewisser Weise im Zusammenhang steht. Von einem Inhaftierten, der einst mit Holberg befreundet war, erfahren Erlendur und Sigurdur �li von einer zweiten Vergewaltigung, mit der Holberg geprahlt hat. Eine zus�tzliche Information ist, dass der Ermordete eine Schwester hatte, die allerdings auch auf Grund eines Gehirntumors nicht mehr lebt. Wurde dieser bereits vererbt? Ebenso hat er einen Sohn, der durch die zuletzt begangene Vergewaltigung gezeugt wurde und Zugang zu einer DNA-Datenbank in einem Genforschungszentrum hat. Das Interesse des Sohnes f�r Erbkrankheiten beruht auf dem Tod seiner Tochter, der lange Zeit als ungekl�rt galt. Ist eine geschlechtsgebundene Vererbung des R�tsels L�sung f�r den Tod des M�dchens? Wollte der M�rder Holbergs sich an ihm als �bertr�ger der Erbkrankheit r�chen, um dem Alptraum ein Ende zu setzen?

Gleich zu Beginn des Krimis ist uns aufgefallen, dass sich alle beteiligten Personen duzen, was zu einer sehr pers�nlichen Atmosph�re beitr�gt, an die sich der Leser jedoch erst gew�hnen muss. Wenn man mit den vielen isl�ndischen Namen vertraut wird, l�sst sich das Buch auf Grund seiner leicht verst�ndlichen Schreibweise z�gig lesen. Der Autor hat es geschafft, unmittelbar am Anfang Spannung zu erzeugen, die auch w�hrend teilweise l�ngerer Dialoge nicht verloren geht. Die Neugierde des Lesers wird durch die anf�ngliche Geheimhaltung der Nachricht auf dem Zettel der Leiche geweckt. Erst zur Mitte des Romans kommt es zur Aufl�sung. Wegen des typisch isl�ndischen Wettergeschehens - Dauerregen, K�lte, Sturm - werden bei dem Leser syn�sthetische Reize geweckt. Ein leichtes Fr�steln h�lt w�hrend der gesamten Handlung an.

Indridasons Charaktere weisen alle ein scharfes Profil auf, wobei besonders die Beschreibung der Hauptfigur Erlendur beeindruckt. Das unstete und problematische Leben des gestressten Kommissars sorgt in seiner detaillierten und pr�zisen Charakterdarstellung zudem f�r reale N�he. Erlendur, seit zwanzig Jahren geschieden, kein Kontakt zu seiner Exfrau und nur selten Kontakt zu seinen zwei erwachsenen Problemkindern: Seine Tochter Eva ist drogens�chtig, hat Schulden bei finsteren Gestalten und erwartet zu allem �bel ein ungewolltes Kind. Auch sein Sohn hat mit seiner Drogensucht zu k�mpfen. Oft bekommt der Leser den Eindruck vermittelt, Erlendur sei k�rperlich und mental am Ende. Diese Vorstellung wird jedoch durch sein temperamentvolles Handeln entkr�ftet. Zum weiteren Spannungsaufbau tr�gt eine Parallelhandlung bei, welche die eigentliche Handlung unterbricht bzw. hinausz�gert. Eine Braut fl�chtet von ihrer eigenen Hochzeit; der Grund bleibt dem Leser zun�chst vorenthalten. Das Ganze ist sehr geschickt eingeflochten und sorgt f�r Abwechslung: Dazu tragen auch die unterschiedlichen Schaupl�tze bei, die von Indridason kunstvoll miteinander verbunden werden. Die weiteren Romane "Todeshauch" (2004) sowie "Engelsstimme" (2004) mit synonymen Charakteren folgten nach seinem gro�en Durchbruch mit "Nordermoor" (2003).

Zusammenfassend l�sst sich sagen, dass "Nordermoor" ein sehr gelungenes Werk ist, das sich auf jeden Fall zu lesen lohnt. Einzige Kritik: Das Cover suggeriert l�ndliche Idylle, doch die Geschichte spielt in der Hauptstadt und ihren dr�gen Vororten.

Katharina Baus, Verena Pr�gert

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Alle Rechte vorbehalten
Buchcover: © Bastei Lübe, Bergisch-Gladbach

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