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Special: Rezensionsprojekt Winnweiler (2004) > Rezensionen > Tan, Amy: Das Tuschezeichen

Copyright: Goldmann Verlag, MünchenEinmal China und zurück
Amy Tans Roman "Das Tuschezeichen"

Amy Tan: Das Tuschezeichen. Roman.
Aus dem Amerikanischen von Elke Link.
München: Goldmann Verlag 2003.
ISBN 3-442-45541-3
448 Seiten. EURO 9,90

Wer mit wem?
Dieser Roman von Amy Tan ist spannend und unterhaltsam zugleich. Der ansprechende Titel und die uns nicht bekannte Kultur, welche in dem Buch gut zur Geltung kommt, lassen den Roman attraktiv erscheinen. "Das Tuschezeichen" wurde in zwei Teile verpackt. Zum einen die alte Welt Chinas Anfang des 20. Jahrhunderts, welche die Vergangenheit einer Mutter, Lu Ling, beschreibt und uns an einer unbekannten Kultur teilhaben l�sst. Der andere Teil beschreibt die neue Welt Amerikas, in der die Tochter Ruth Luyi aufw�chst, mit der weiteren Lebensgeschichte der Tochter und Mutter bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts, verbunden mit modernen Themen wie Demenz und Generationskonflikten.

Story: Einmal China und zur�ck
Die 46-j�hrige Halbchinesin Ruth ist in Amerika geboren und wurde von ihrer chinesischen Mutter Lu Ling alleine gro�gezogen, da ihr Vater bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Sie lebt zusammen mit ihrem Partner Art und seinen beiden T�chtern Sofia und Dory in San Francisco. Ihre Mutter, wie auch ihre Tante mit Familie leben in San Francisco. Ruth ist Co-Writerin f�r Sachb�cher, die Themen wie Selbsterfahrung und Lebenshilfe behandeln.

Eines Tages findet Ruth beim Aufr�umen in einer Schublade alte chinesische Aufzeichnungen, die ihre Mutter ihr schon vor langer Zeit gegeben hatte. Sie macht sich sofort an die Arbeit, die Schriftzeichen zu �bersetzten, jedoch dauert es viel zu lange, da sie die Zeichen nicht gut beherrscht. Deshalb legt sie die Aufzeichnungen erneut zur Seite, mit dem Ziel, sie sp�ter einem Linguistik-Studenten zu geben, um sie �bersetzten zu lassen. Ruth verliert zusehends das Vertrauen zu Art, weil dieser sich ihrem Verst�ndnis nach zu oft mit seiner Ex-Frau trifft. Zudem ist sie sehr besch�ftigt mit ihrer Arbeit, dem Umgang ihrer Stieft�chter und der Starrsinnigkeit ihrer Mutter.

Ein paar Monate sp�ter f�hrt Ruth mit ihrer Mutter zum Arzt, weil diese vor ein Auto gelaufen war, angeblich aufgrund einer Behinderung durch eine Taube. Wegen diesem Zwischenfall und der Tatsache, dass ihre Mutter in letzter Zeit Dinge vergisst bzw. sie falsch wiedergibt, hat Ruth den Verdacht, dass ihre Mutter an Ged�chtnisschwund leiden k�nnte. Jedoch m�chte sie es sich nicht eingestehen. Die Diagnose ist aber wie vermutet Demenz. Um mehr Kontrolle �ber ihre Mutter zu haben, l�dt Ruth sie �fter zum Abendessen zu sich nach Hause ein.

Bei einem dieser Essen wird Ruth an ihre Kindheit erinnert und damit an die Bevormundung ihrer Mutter und den Druck, den sie, die Mutter, auf sie ausge�bt hatte. Denken muss sie auch an die stets fehlende Zuneigung. Ein Beispiel daf�r ist, dass die Mutter bei Kritik ihrerseits mit Selbstmord drohte. Nach diesem R�ckblick in die Vergangenheit und der Tatsache, dass ihre Mutter mehr und mehr an Demenz erkrankt, entschlie�t sie sich, die Memoiren ihrer Mutter �bersetzen zu lassen. So beginnt ihre spannende Reise in die alte chinesische Welt ihrer Mutter.

Seit ihrer Kindheit wohnt die Mutter, Lu Ling, in einem chinesischen Dorf, in dem die Familie schon seit Generationen Tusche herstellt und diese in Peking verkauft. Das Kinderm�dchen von Lu Ling namens Liebste Tante ist die Tochter eines Wunderheilers und kann aufgrund eines missgl�ckten Selbstmordversuches nicht mehr sprechen. Sie ist seit ihrer Hochzeit Witwe, da ihr Mann von einem Mitglied der Familie Chang, dessen Heiratsantrag Liebste Tante einst ablehnte, ermordet wurde. Au�erdem trug sie an ihrer Hochzeit schon ein Kind im Bauch, doch da dies eine gro�e Schande f�r die Familie gewesen w�re, musste sie das Kind an die Schwester abgeben und war von da an nur noch das Kinderm�dchen, das Kinderm�dchen von Lu Ling. Diese kennt die Wahrheit nicht.

Nach vielen Jahren soll Lu Ling ihrem zuk�nftigen Ehemann und seiner Familie, der Familie Chang, vorgestellt werden. Als dies Liebste Tante erf�hrt, geraten Mutter und Tochter in einen heftigen Streit, worauf sie Lu Ling Schriften �ber ihre Vergangenheit reicht. Doch die Tochter f�hrt gegen ihren Willen nach Peking, um ihren Zuk�nftigen kennenzulernen. Als sie zur�ckkehrt, erf�hrt sie von einer traurigen Wahrheit: Ihre Mutter hat sich umgebracht und nun beginnt das eigentliche Drama, gepr�gt von Krieg, Verlust und Sehnsucht.

Wieso, weshalb, warum?
Amy Tan hat eine geschickte Ausdrucksweise gew�hlt, insofern als sie die chinesische Welt zeitgem�� wiedergibt. Somit erh�lt der Leser einen Eindruck von der asiatischen Denkstruktur. Im Gegensatz dazu veranlasst die gebrochene Ausdrucksweise der Mutter, im amerikanischen Teil, zum Schmunzeln. Dies und die Tatsache, dass das "Tuschezeichen" packend und einf�hlsam erz�hlt wird, macht das Buch empfehlenswert. Jedoch weist der Roman einen gro�en Mangel auf: Es gibt keinen H�hepunkt. Die autobiographischen Bez�ge offenbart die Sino-Amerikanerin Amy Tan mit geradezu poetischer Grausamkeit. Sie hat ebenfalls eine derartige Vergangenheit zu verzeichnen, und hat sich von ihrer Lebensgeschichte inspirieren lassen. Deshalb widmet sie dieses poetische Werk ihrer Mutter und Gro�mutter.

Für wen?
Eine Zielgruppe l�sst sich aufgrund der sehr speziellen Thematik nicht eindeutig festlegen. Man sollte jedoch ein gewisses Interesse an fremden Kulturen mitbringen.

Stefanie Gerlach, Anna Kiefer

© TourLiteratur / Autorinnen
Alle Rechte vorbehalten
Buchcover: © Goldmann Verlag, München

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