Rezensionen > Läckberg, Camilla: Der Leuchtturmwärter |
Im Schatten des Leuchtturms Fjällbacka heißt das kleine 1.000-Seelen-Örtchen, in dem Camilla Läckbergs Romane spielen. Im Südwesten Schwedens gelegen, stellt es im Sommer eine Urlaubsidylle mit vorgelagertem Schärengarten dar, wimmelnd von gut gelaunten Touristen, während die harten, dunklen und langen schwedischen Winter seine Bewohner in ihre Häuser zwingen und die zwangsläufige Enge sie nicht selten vor harte Proben stellt. "Der Leuchtturmwärter" (List 2013) ist Läckbergs achtes in ihrem Geburtsort spielendes Buch um die Schriftstellerin Erica Falck, deren Mann, den Polizisten Patrick Hedström, und ein paar weitere, dem Leser inzwischen wohlvertraute Figuren. Drei Kinder haben Falck und Hedström inzwischen, aber der Stress, den die verursachen, kann Erica in der Regel nicht davon abhalten, sich voller Neugier in die jeweiligen Ermittlungsarbeiten ihres geliebten Mannes einzumischen, womit sie sich natürlich selbst gehörig in Gefahr bringt, auf der anderen Seite aber auch profitiert für ein nächstes Buchprojekt. Dass gerade durch ihre Neugier und wache Intelligenz so mancher Fall früher gelöst wurde, als wenn man ihm in der Regie von Patricks etwas trotteligem Chef Mellberg gelassen hätte, wissen emsige Läckberg-Leser längst und freuen sich, lange ehe sie das neue Buch aufschlagen, schon darauf, welche Böcke dieser einerseits geltungssüchtige, andererseits ganz in seiner kleinen seltsamen Familie aufgehende Mann wieder schießen wird. In "Der Leuchtturmwärter" jedenfalls geht es am Anfang um die Rückkehr einer Schulfreundin Ericas nach Fjällbacka. Heimlich, still und leise erscheint die über Nacht und lässt sich mit ihrem kleinen Sohn Sam auf einer winzigen Schäreninsel nieder, die ihrer Familie gehört. Dunkle Legenden ranken sich um diesen Ort mit seinem sich nicht mehr in Betrieb befindlichen Leuchtturm und finster scheint auch das Geheimnis zu sein, das Annie daran hindert, ihren Zufluchtsort in den Wochen nach ihrer Ankunft zu verlassen. Allein ihr Jugendfreund Mats, mit dem sie einst eine große Liebe verband, bevor sie das kleine Fjällbacka verließ, um die große Welt zu erobern, schafft es nach ihrer Rückkehr, die verstört Wirkende einmal auf ihrer Insel zu besuchen. In der Nacht nach diesem Besuch aber wird der freundliche junge Mann, den das Schicksal ebenfalls aus Göteborg wieder in seinen Geburtsort zurückgeführt hat, brutal ermordet. In die Gegenwartshandlung eingebettet hat Läckberg diesmal eine Geschichte, die im späten 19. Jahrhunderts spielt und in deren Mittelpunkt das harte Schicksal einer jungen Frau steht, die einst als frisch vermählte Gattin des neuen Leuchtturmwärters auf die Schäreninsel GrÃ¥skär kam. Schnell wird aus der anfänglichen Euphorie, welche sie nach ihrer Vermählung empfindet, tiefstes Unglück, denn sie muss feststellen, dass ihr Mann sich mehr für seinen Gehilfen interessiert als für sie und die Verbindung offensichtlich nur zu dem Zweck geschlossen wurde, der Öffentlichkeit Normalität vorzugaukeln. Dass sie mit ihrem Kind, für das dessen Vater sich genausowenig interessiert wie für seine Frau, damals keinen anderen Ausweg mehr sah als den gemeinsamen Gang ins Wasser, hat nicht wenig zum Ruf der Insel als "Geisterinsel", die ihre Toten für immer behält, beigetragen. Und wie häufig in den Romanen Camilla Läckbergs stiftet diese der aktuellen Handlung konfrontierte Geschichte aus der Vergangenheit auch ein Erklärungsmuster dafür, was in der Gegenwart passiert. "Der Leuchtturmwärter" besitzt alles, wofür Millionen Leser weltweit die Romane Camilla Läckbergs verschlingen: einen spannenden Plot, die geschickte Verzahnung von Jetzt und Einst und einen Erzählton, der den Leser selbst ganz schnell zum Mitglied der Familie werden lässt, in deren Mittelpunkt die sympathischen Helden Erica und Patrick stehen. Natürlich muss man auch diesmal nicht auf die obligatorischen Ungeschicklichkeiten von Polizeichef Mellberg verzichten. Und wer in einem Kriminalroman unserer Tage gern ein paar hochaktuellen Problematiken wiederbegegnet, dem wird Camilla Läckberg gerecht, indem auch die Themen "Häusliche Gewalt" und "Klamme öffentliche Kassen" nicht unwichtige Rollen spielen. Dietmar Jacobsen © TourLiteratur
/ Autor Buchcover: © List Verlag (Ullstein Buchverlage), Berlin |
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