Alois
Hotschnig
Alois
Hotschnig wurde am 3. Oktober 1959 in Berg / K�rnten geboren. Er studierte
Medizin, Germanistik und Anglistik in Innsbruck. Seit 1989 lebt er als
freier Schriftsteller in Innsbruck.
Meister der Sprache und Inszenierung - Alois
Hotschnig
Ein Portr�t von Renate M. Hatzer
Seine Texte
fordern Aufmerksamkeit, ja Hingabe, die eigenwillige Dynamik der Sprache
zieht den Leser unwillk�rlich und scheinbar wie selbstverst�ndlich in
ihren Bann. Vor kurzem hat Alois Hotschnig daf�r in Hamburg den mit 15.000
Euro dotierten Italo-Svevo-Literaturpreis erhalten. Beeindruckt hat der
"bed�chtige Sprachk�nstler", wie er bei der Preisvergabe genannt
wurde, vor allem durch absolute Treue zu seinem Werk, unabh�ngig vom literarischen
Markt.
1999
erhielt Alois Hotschnig das Robert-Musil-Stipendium, wenige Jahre vorher
u. a. den Anna-Seghers-Preis f�r den Roman "Leonardos H�nde" sowie
den Preis des Landes K�rnten. Eine beachtliche Erfolgsserie. Fatalistisches
wei� der in Innsbruck und Villach lebende Autor von der Literatur zu berichten:
"Es gibt nichts Neues und nichts Neues an Auszusprechendem!" Und
doch: Stets schafft er es, dieses Althergebrachte auf ganz pers�nliche
Art neu aufzubereiten. Dem vorausgegangen ist der richtungweisende Schritt,
zu sich selbst und seinem Weg zu stehen. Gefolgt sind eine sukzessive
Aufbauarbeit und die Entwicklung einer eigenen Sprache. Dies gelang ihm
�ber das Schreiben von Monologen. Nun w�hlt er f�r seine Handlungen Orte,
wo viele Menschen zusammenkommen, um m�glichst viele Sichtweisen aufzeigen
und Themen ansprechen zu k�nnen, die viele Menschen betreffen.
Hotschnig
versteht es dabei, sich derart in die unterschiedlichsten, komplexesten
Charaktere hineinzuf�hlen, ja diese zu sein, dass seine Werke eine ungeheure
Lebendigkeit erhalten. "Eine Art Gl�ck" etwa ist ein Meisterwerk
an Empathie. Wie ein Artist verbindet und verwebt er verschiedene Komponenten,
die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben und zwingt dadurch,
das Bewusstsein zu weiten. So schildert er alteingesessene gesellschaftliche
Muster, die zwar einengen, an denen aber scheinbar trotzdem niemand r�tteln
darf. Und das in einer mutigen, in einer neuen Sprache, die sonst im Alltag
nicht anzutreffen ist ("Provinzialismus spielt sich im Kopf ab").
Hauptaugenmerk
legt Alois Hotschnig auf den "unaufgewachten" Massenmenschen, der
sich - oft krank, in sich gefangen und voller Angst - dem Schicksal ausgeliefert
f�hlt. Er w�hlt bewusst winzigste Details aus einem Geschehen, um diese
zu analysieren. Den Blick auf das Umfeld l�sst er dennoch offen. Er ist
wie ein Arzt, der sich mit den Krankheitssymptomen der Menschen besch�ftigt
und deren oft hilflosen Umgang damit d�ster aber pr�zise darlegt. "Aus
meiner Sicht sind die Texte so, dass sie nicht ins Dunkel f�hren sollen,"
meint Alois Hotschnig dazu. Und tats�chlich vermag die ausgereifte Sch�nheit
seiner Sprache auch hier wieder den etwas mildernden Gegenpol abzugeben.
Dass
das Schreiben f�r ihn ein intensiver Prozess ist, mit vielen H�hen und
Tiefen, sowie �ngsten und Zeiten des Aushaltenm�ssens, weil alles andere
schon wieder inkonsequent w�re, l�sst sich leicht ausmalen. St�ndige Auseinandersetzung
mit dem Thema ("es gibt in gewissen Situationen die Eindeutigkeit
der Sprache nicht"), mit sich selbst, stetes Hinterfragen, ("inwieweit
lasse ich den Leser in einem scheinbaren happy end zur�ck"), Korrekturen,
bis es schlie�lich 'stimmt', zeichnen den Werdegang seines Werkes aus.
Die Geschichten lassen ihn dabei nicht aus, sie bestimmen vielmehr sein
Leben und f�hren ihn oft wie zuf�llig in Situationen, die er in die Handlung
einflie�en l�sst und die sich so zu Hause am Schreibtisch kaum ergeben
h�tten. Leicht
verst�ndlich ist darum, dass die Figuren nach Beendigung eines Werkes
im Kopf eine Zeitlang weiterleben und eine Phase der 'Trauerarbeit' folgt,
genauso seine Feststellung: "Ein Buch zu zerst�ren, ist leichter,
als dem Buch gerecht zu werden!" Und, weil er ein in sich vollendetes
Kunstwerk liefert, welches nur in der Stille entstehen kann, verlangt
er dem Leser/H�rer auch alles ab und vermag gerade dadurch zu faszinieren.
Seine Auszeichnungen sind ihm Best�tigung, ebenso seine weitum gut besuchten
Lesungen. Er genie�t den Kontakt mit den Menschen, beobachtet dabei, registriert
und speichert ununterbrochen.
Aufgewachsen
ist Alois Hotschnig in Oberdrauburg sowie Berg in K�rnten. Die Literatur
war f�r ihn zuerst wie ein rotes Tuch. Erst bei Max Frisch hat er entdeckt,
dass das, was dieser schreibt, ja etwas mit ihm zu tun hat - und damit
war der Weg gebahnt. Nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Medizin
hat er sich endg�ltig f�rs Schreiben entschieden und seine eigene Welt
konstruiert, denn: "Wenn man im Hauptberuf den Gesetzen anderer nachgibt,
ist es fatal!" Und welche Vision verfolgt der Autor f�r die Zukunft? "Mir
selber gerecht zu werden. Das Buch zu schreiben, jeweils, das nur ich
f�r mich schreiben kann!" Alois Hotschnig, ein Artist auf der Ebene der
Polarit�t und gerade dabei, weitere Ebenen zu entdecken und neues Terrain
zu erschlie�en.
Preise
(u.a.)
1986: Erster Preis des Lyrikwettbewerbs der Literarischen Gesellschaft
St. P�lten
1989: F�rderungspreis des Landes K�rnten f�r Literatur
1992: Literaturpreises des Deutschen Literaturfonds Darmstadt (New-York-Stipendium)
1992: Preis des Landes K�rnten im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs
1993: Anna-Seghers-Stipendium f�r Literatur der Akademie der K�nste Berlin
1999/2000: Robert Musil-Stipendium
2002: Italo-Svevo-Literaturpreis
Werke
"Aus". Erz�hlung. Frankfurt/M.: Luchterhand Literaturverlag 1989.
"Eine Art Gl�ck". Erz�hlung. Frankfurt/M.: Luchterhand Literaturverlag
1990.
"Augenschnitt". H�rspiel. ORF, 1991.
"Leonardos H�nde". Roman. Hamburg: Luchterhand Literaturverlag 1992.
"Absolution". Drama. K�ln: Kiepenheuer & Witsch 1994. (Urauff�hrung
1995 in Wien)
"Ludwigs Zimmer". Roman. K�ln: Kiepenheuer & Witsch 2000.
Stimmen
der Kritik
Anl�sslich der Verleihung des Italo-Svevo-Literaturpreises am 15. M�rz
2002 in Hamburg hei�t es in der Pressemeldung von "Schwind Kommunikation":
"Tod und Schuld sind die gro�en Themen von Hotschnig, der zu den
besten Autoren seiner Generation geh�rt. Seine Themen sind nicht zeitgem��,
kein bisschen chic. Die alpenl�ndische Herkunft hat seinen Blick f�r die
abgelegenen, riskanten Landschaften des Daseins gesch�rft. Seine Themen
sind sozialkritisch, umkreisen die Krankheit und die N�he zum Tod."
(Aus: http://schwindkommunikation.de/termine.html)
Durchaus
geteilt waren die Meinungen zu Hotschnigs Erz�hlung "Eine Art Gl�ck",
die Geschichte des Behinderten Paul, der ohne Beine auf die Welt gekommen
ist, und versucht, mit seiner Umwelt, besonders mit dem Unverst�ndnis
seiner Familie zurechtzukommen. Werner Fuld spricht im Zusammenhang mit
Hotschnigs Erz�hlung von einem blo�en "literarischen Betroffenheitsreflex"
(FAZ Nr. 261 vom 8. November 1990):
"Mutig und r�ckhaltlos k�nnte man den Text nennen, radikal und subjektiv,
trotzig und dennoch hilfreich. Aber das hie�e, mit Klischees auf ein Klischee
antworten." Die Erz�hlung versammele "alle abgegriffenen Bilder und
ersch�pfend diskutierten Vorurteile, die zu jedem behinderten Leben zu
geh�ren scheinen". Hotschnig rufe die Betroffenheitsbilder, jene "moralischen
Er�rterungen" nur hervor, um "jede Frage nach der literarischen Qualit�t
vergessen" zu machen - der Leser f�hle sich "im Namen der Wahrheit
betrogen".
Ganz anders Thomas Rothschild in der "Frankfurter Rundschau" (Nr.
231 vom 4. Oktober 1990). F�r ihn ist Hotschnigs gut neunzig Seiten kurze
Erz�hlung "ein St�ck bedeutende Literatur", gerade weil es der Autor
verstehe, "falsche Sentimentalit�t, Weinerlichkeit, Betroffenheitsduselei"
zu vermeiden. "Wie es Hotschnig in dieser Erz�hlung gelang, einen
neuen Realismus zu schaffen, der sich �u�erster K�nstlichkeit verdankt,
ist ein Meisterst�ck, das den einunddrei�igj�hrigen Schriftsteller (�)
schlagartig in die vorderste Reihe der deutschsprachigen Gegenwartsautoren
katapultiert."
Um Schuld,
Schicksal und Tod im Zusammenhang mit dem Nachwirken der NS-Zeit geht
es in Hotschnigs "Ludwigs Zimmer" (2000). Peter Mohr in "Literaturkritik.de"
(November 2000):
"Aufgrund des stark ver�nderten literarischen Zeitgeistes bleibt
abzuwarten, ob Hotschnig noch einmal an seine Anfangserfolge ankn�pfen
kann: Seine radikale, zur Lakonie neigende Leidensprosa ist derzeit n�mlich
alles andere als en vogue."
Dennoch hebt Peter Mohr die "gro�e sprachliche Radikalit�t" des Textes
hervor.
In "Leonardos
H�nde", zwei Jahre danach erschienen, geht es um den Techniker Kurt Weyrath,
der einen Unfall verursacht und sich danach unerkannt um die einzige �berlebende,
die schwer verletzte Kunststudentin Anna Kainz k�mmert. "Vergleicht
man", schreibt Helmut Sch�del in der "ZEIT" (Nr. 41 vom 2. Oktober
1992), "Hotschnigs ersten Roman mit seinen fr�hen Erz�hlungen, erscheint
er uns jetzt fast als Virtuose."
Renate
M. Hatzer
© TourLiteratur
/ Autorin
Alle Rechte vorbehalten
Foto Alois Hotschnig: © LARL / Bücherei Lienz
Buchcover:
1) Alois Hotschnig: Leonardos Hände. Roman. Köln: Kiepenheuer
& Witsch 1992.
2) Alois Hotschnig: Ludwigs Zimmer. Roman. Köln: Kiepenheuer &
Witsch 2000.
© Verlag Kiepenheuer
& Witsch, Köln
Einige weiterführende
Links zu Alois Hotschnig
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