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Alois
Hotschnig
Seine Texte fordern Aufmerksamkeit, ja Hingabe, die eigenwillige Dynamik der Sprache zieht den Leser unwillk�rlich und scheinbar wie selbstverst�ndlich in ihren Bann. Vor kurzem hat Alois Hotschnig daf�r in Hamburg den mit 15.000 Euro dotierten Italo-Svevo-Literaturpreis erhalten. Beeindruckt hat der "bed�chtige Sprachk�nstler", wie er bei der Preisvergabe genannt wurde, vor allem durch absolute Treue zu seinem Werk, unabh�ngig vom literarischen Markt. 1999 erhielt Alois Hotschnig das Robert-Musil-Stipendium, wenige Jahre vorher u. a. den Anna-Seghers-Preis f�r den Roman "Leonardos H�nde" sowie den Preis des Landes K�rnten. Eine beachtliche Erfolgsserie. Fatalistisches wei� der in Innsbruck und Villach lebende Autor von der Literatur zu berichten: "Es gibt nichts Neues und nichts Neues an Auszusprechendem!" Und doch: Stets schafft er es, dieses Althergebrachte auf ganz pers�nliche Art neu aufzubereiten. Dem vorausgegangen ist der richtungweisende Schritt, zu sich selbst und seinem Weg zu stehen. Gefolgt sind eine sukzessive Aufbauarbeit und die Entwicklung einer eigenen Sprache. Dies gelang ihm �ber das Schreiben von Monologen. Nun w�hlt er f�r seine Handlungen Orte, wo viele Menschen zusammenkommen, um m�glichst viele Sichtweisen aufzeigen und Themen ansprechen zu k�nnen, die viele Menschen betreffen. Hotschnig versteht es dabei, sich derart in die unterschiedlichsten, komplexesten Charaktere hineinzuf�hlen, ja diese zu sein, dass seine Werke eine ungeheure Lebendigkeit erhalten. "Eine Art Gl�ck" etwa ist ein Meisterwerk an Empathie. Wie ein Artist verbindet und verwebt er verschiedene Komponenten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben und zwingt dadurch, das Bewusstsein zu weiten. So schildert er alteingesessene gesellschaftliche Muster, die zwar einengen, an denen aber scheinbar trotzdem niemand r�tteln darf. Und das in einer mutigen, in einer neuen Sprache, die sonst im Alltag nicht anzutreffen ist ("Provinzialismus spielt sich im Kopf ab"). Hauptaugenmerk legt Alois Hotschnig auf den "unaufgewachten" Massenmenschen, der sich - oft krank, in sich gefangen und voller Angst - dem Schicksal ausgeliefert f�hlt. Er w�hlt bewusst winzigste Details aus einem Geschehen, um diese zu analysieren. Den Blick auf das Umfeld l�sst er dennoch offen. Er ist wie ein Arzt, der sich mit den Krankheitssymptomen der Menschen besch�ftigt und deren oft hilflosen Umgang damit d�ster aber pr�zise darlegt. "Aus meiner Sicht sind die Texte so, dass sie nicht ins Dunkel f�hren sollen," meint Alois Hotschnig dazu. Und tats�chlich vermag die ausgereifte Sch�nheit seiner Sprache auch hier wieder den etwas mildernden Gegenpol abzugeben. Dass das Schreiben f�r ihn ein intensiver Prozess ist, mit vielen H�hen und Tiefen, sowie �ngsten und Zeiten des Aushaltenm�ssens, weil alles andere schon wieder inkonsequent w�re, l�sst sich leicht ausmalen. St�ndige Auseinandersetzung mit dem Thema ("es gibt in gewissen Situationen die Eindeutigkeit der Sprache nicht"), mit sich selbst, stetes Hinterfragen, ("inwieweit lasse ich den Leser in einem scheinbaren happy end zur�ck"), Korrekturen, bis es schlie�lich 'stimmt', zeichnen den Werdegang seines Werkes aus. Die Geschichten lassen ihn dabei nicht aus, sie bestimmen vielmehr sein Leben und f�hren ihn oft wie zuf�llig in Situationen, die er in die Handlung einflie�en l�sst und die sich so zu Hause am Schreibtisch kaum ergeben h�tten. Leicht verst�ndlich ist darum, dass die Figuren nach Beendigung eines Werkes im Kopf eine Zeitlang weiterleben und eine Phase der 'Trauerarbeit' folgt, genauso seine Feststellung: "Ein Buch zu zerst�ren, ist leichter, als dem Buch gerecht zu werden!" Und, weil er ein in sich vollendetes Kunstwerk liefert, welches nur in der Stille entstehen kann, verlangt er dem Leser/H�rer auch alles ab und vermag gerade dadurch zu faszinieren. Seine Auszeichnungen sind ihm Best�tigung, ebenso seine weitum gut besuchten Lesungen. Er genie�t den Kontakt mit den Menschen, beobachtet dabei, registriert und speichert ununterbrochen. Aufgewachsen ist Alois Hotschnig in Oberdrauburg sowie Berg in K�rnten. Die Literatur war f�r ihn zuerst wie ein rotes Tuch. Erst bei Max Frisch hat er entdeckt, dass das, was dieser schreibt, ja etwas mit ihm zu tun hat - und damit war der Weg gebahnt. Nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Medizin hat er sich endg�ltig f�rs Schreiben entschieden und seine eigene Welt konstruiert, denn: "Wenn man im Hauptberuf den Gesetzen anderer nachgibt, ist es fatal!" Und welche Vision verfolgt der Autor f�r die Zukunft? "Mir selber gerecht zu werden. Das Buch zu schreiben, jeweils, das nur ich f�r mich schreiben kann!" Alois Hotschnig, ein Artist auf der Ebene der Polarit�t und gerade dabei, weitere Ebenen zu entdecken und neues Terrain zu erschlie�en. Preise
(u.a.) Werke
Stimmen
der Kritik Durchaus
geteilt waren die Meinungen zu Hotschnigs Erz�hlung "Eine Art Gl�ck",
die Geschichte des Behinderten Paul, der ohne Beine auf die Welt gekommen
ist, und versucht, mit seiner Umwelt, besonders mit dem Unverst�ndnis
seiner Familie zurechtzukommen. Werner Fuld spricht im Zusammenhang mit
Hotschnigs Erz�hlung von einem blo�en "literarischen Betroffenheitsreflex"
(FAZ Nr. 261 vom 8. November 1990): Um Schuld,
Schicksal und Tod im Zusammenhang mit dem Nachwirken der NS-Zeit geht
es in Hotschnigs "Ludwigs Zimmer" (2000). Peter Mohr in "Literaturkritik.de"
(November 2000): In "Leonardos H�nde", zwei Jahre danach erschienen, geht es um den Techniker Kurt Weyrath, der einen Unfall verursacht und sich danach unerkannt um die einzige �berlebende, die schwer verletzte Kunststudentin Anna Kainz k�mmert. "Vergleicht man", schreibt Helmut Sch�del in der "ZEIT" (Nr. 41 vom 2. Oktober 1992), "Hotschnigs ersten Roman mit seinen fr�hen Erz�hlungen, erscheint er uns jetzt fast als Virtuose." Renate M. Hatzer © TourLiteratur
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