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Autoren > Simmel, Johannes Mario |
Es
musste nicht immer Kaviar sein Geboren wurde Johannes Mario Simmel 1924 in Wien als Sohn eines j�dischen Vaters. Der konnte während des Krieges auf abenteuerliche Weise nach England fliehen, wo er im Januar 1945 starb, ohne dass ihn der Sohn noch einmal gesehen hätte. Nach dem Realgymnasium in Wien besuchte Simmel eine Staatslehr- und Versuchsanstalt für Chemie und schloss als Diplom-Chemieingenieur ab. Als solcher fand er gegen Ende des Krieges Arbeit in einem Kohle-Laboratorium, wo er f�r den "Endsieg" der Nationalsozialisten schuften sollte. Wesentliches konnte er hierzu gl�cklicherweise nichts beitragen, so Simmel r�ckblickend. Nach 1945 war er eine Zeit lang f�r die amerikanische Besatzungsmacht als Dolmetscher t�tig. Die Befreier schenkten dem politisch unbedenklichen jungen Mann eine Schreibmaschine und einen Packen Papier. Ergebnis: In einem Hinterzimmer entstand der erste Roman "Mich wundert, dass ich so fr�hlich bin" (1949) - bereits zwei Jahre zuvor war Simmels erstes Buch, die Novellensammlung "Begegnung im Nebel", erschienen. Rund drei�ig weitere sollten in den n�chsten f�nfzig Jahren folgen. Weltber�hmt wurde Simmel mit seinem 1960 erschienenen Roman "Es muss nicht immer Kaviar sein", der Geschichte um den Agenten wider Willen Thomas Lieven, der f�r vier Geheimdienste arbeitet und sich mit sechzehn falschen P�ssen aus neun L�ndern durchs Leben schl�gt. Immer mit Stil, immer mit gutem Essen und immer mit sch�nen Frauen. Besonders in den frühen 50er Jahren veröffentlichte Simmel auch ein paar Kinderbücher, daneben in den 50er und frühen 60er Jahren zahlreiche Drehbücher, u.a. für Kurt Hoffmann, Eduard von Borsody, Willi Forst und Robert Siodmak. Auch viele seiner eigenen Bücher wurden verfilmt, etwa von Wolfgang Staudte und Peter Zadek. Simmel ist Träger des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse (1992) und wurde 1991 von den Vereinten Nationen mit dem Award of Excellence der Society of Writers ausgezeichnet. 1993 wurde ihm für seine besonderen Verdienste um verfolgte Autoren die Hermann-Kesten-Medaille des Deutschen PEN-Zentrums verliehen. Gehirn und Herz seiner Leser sollen gleicherma�en angesprochen werden, hat Simmel einmal gesagt. Das hei�t: Aufkl�rung und Unterhaltung, gro�e Politik und noch gr��ere Gef�hle. "Faction" nennt er seine Art zu schreiben, eine Mischung aus Fiktion und Tatsachen. Immer wieder bringt Simmel eine Unmasse an zeitgeschichtlichen Fakten in seinen Romanen unter, knallhart recherchiert, bitters�� verpackt, zuweilen im Stil eines allzu belesenen Oberlehrers. Die intensive Recherchearbeit freilich hat Simmel von der Pike auf gelernt - als rasender Reporter bei der Illustrierten "Quick", f�r die er seit 1950 in ganz Europa und Amerika unterwegs war, um in zahllosen Reportagen �ber die brennenden Probleme der Welt zu berichten. Die haben ihn bis heute nicht losgelassen. Und so schreibt Simmel �ber den internationalen Terrorismus ("Liebe ist die letzte Brücke", 1999) und die Gefahren der Gen-Manipulation ("Doch mit den Clowns kamen die Tränen", 1987), üer die Verlogenheit der Skandalpresse ("Der Stoff, aus dem die Träume sind", 1971) und den alltäglichen Terror gegen Ausländer und Asylbewerber ("Auch wenn ich lache, muss ich weinen", 1992), �ber Rauschgift-Kartelle ("Wir heißen euch hoffen", 1980) und �kologische Katastrophen, wie im Roman "Im Frühling singt zum letztenmal die Lerche" aus dem Jahr 1990. "Hautnah an der Realität entlang" bekannte damals Joschka Fischer in seiner "SPIEGEL"-Besprechung, "sachkundig und spannend" (Der Spiegel Nr. 30 vom 23. Juli 1990, S. 146).
Holger Dauer © TourLiteratur
/ Autor Eine stark gekürzte Fassung des Artikels ist zuerst unter dem Titel "Traurige Helden" in der "Allgemeinen Zeitung", Mainz (Nr. 83 vom 7. April 2004, S. 5) erschienen. Buchcover
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