Der
Lyriker Heinz Piontek ist tot
Es
gibt nur wenige deutschsprachige Lyriker von Rang. Heinz Piontek war
einer von ihnen. Er starb am 26. Oktober 2003, knapp drei Wochen vor
seinem 78. Geburtstag, in einem Pflegeheim in Rotthalmünster bei
Passau. Seine Gedichte wurden in üer zwanzig Sprachen üersetzt
und gehören mittlerweile zur Schullektüre. Aber auch als Erzähler,
Essayist, Hörspielautor und Übersetzer machte sich Piontek
international einen Namen.
Heinz Piontek wurde am 15. November 1925 im oberschlesischen Kreuzburg
geboren. 1943 wurde er zum Kriegsdienst verpflichtet, geriet 1945 kurzzeitig
in amerikanische Kriegsgefangenschaft, holte das Abitur nach, studierte
anschließend Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte und
schlug sich mit verschiedenen Gelegenheitsarbeiten durch. 1952 erschien
sein erster Gedichtband "Die Furt", dem ein Jahr später
die Lyriksammlung "Die Rauchfahne" folgte. Sein erster Prosaband
"Vor Augen", eine Sammlung mit Erzählungen, kam 1955
heraus. Die Literaturpreise, die Piontek seit den 50er Jahren erhielt,
sind kaum alle aufzuzählen, u.a. gehören der Berliner Literaturpreis
(1957), der Münchner Literaturpreis (1967), der Eichendorff-Literaturpreis
(1971) sowie - als Höhepunkt - der Georg-Büchner-Preis im
Jahr 1976 dazu. 1985 wurde Piontek das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
verliehen.
Zu seinen bekanntesten und wichtigsten Werken zählen neben den
bereits genannten die Gedichtbände "Wassermarken" (1957),
"Mit einer Kranichfeder" (1962), "Klartext" (1966),
"Tot oder lebendig" (1971), "Wie sich Musik durchschlug"
(1978), "Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit" (1981) und zuletzt
"Neue Umlaufbahn" (1998) sowie die Romane "Die mittleren
Jahre" (1967), "Dichterleben" (1976, Neufassung 1996)
und "Juttas Neffe" (1979) - alle drei 1981 zusammengefasst
unter dem Titel "Die Münchner Romane", außerdem
die autobiografisch gefärbten Erzählwerke "Zeit meines
Lebens" (1984) und "Stunde der Überlebenden" (1987).
Otto Heuschele in der "Neuen Zürcher Zeitung" vom
20. November 1981:
"(Pionteks dichterische Arbeiten zeugen) für einen Autor,
dem eine nicht alltägliche geistige Haltung, eine hohe Sensibilität
für das geistige Geschehen der Zeit, vor allem aber ein Verantwortungsbewusstsein
gegenüer der Sprache eigen ist."
Paul Konrad Kurz üer Pionteks Dichtung:
"Pionteks Weg geht (...) ohne streng geschiedenes Nacheinander
vom Naturgedicht zum Erzählgedicht und zum topographischen Gedicht.
Zuletzt nähert er sich einem literarischen Prozess, den man als
Dichten mit der Sprache bezeichnen kann. Bereits in den mittleren fünfziger
Jahren begann Piontek, sich vom Reim zu trennen. (...) Piontek hält
sich, nicht ohne Neues zu entdecken, an den Grundstock des üerlieferten
lyrischen Wortschatzes. Die sprachliche Reduktion treibt er so weit,
wie man sie treiben muss, um den Satz dichterisch zu härten. Aber
er achtet darauf, dass Vorgang und Bild, Versverstehen und Rhythmus
erhalten bleiben." (Paul
Konrad Kurz:
Über moderne Literatur VI. Zur Literatur
der späten siebziger Jahre. 1. Teil. Frankfurt/Main 1979. S. 199,
205)
Kristina Maidt-Zinke in der "Süddeutschen Zeitung"
vom 29. Oktober 2003:
"Sein (Pionteks) uvre ist eine unerschöpfliche Fundgrube
für alle, die Tiefsinniges üer Dichter und Dichtung, das
Schöne und das Bleibende in griffigen Sätzen suchen."
Peter Dittmar in der "Berliner Morgenpost" vom 29. Oktober
2003:
"Heinz Piontek blieb ein Einzelgänger. Er war offen für
Neues, aber Gruppenbildungen und Dogmen abhold. (...) Seine Texte sind
schulbuchwürdig. Was er schrieb, gehört nicht zum 'Literaturbetrieb',
sondern zur Literatur."
Abbildung:
Heinz Piontek: Zeit meines Lebens. Autobiographischer Roman. Erster
Band. Würzburg/Ostfildern: Bergstadt Verlag 1994.
(TourLiteratur 7 / November 2003)
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