US-Skandalautor
Hubert Selby gestorben
Zeitweise
lebte er von Sozialhilfe, jener Autor, der mit seinem Skandalbuch "Last
Exit Brooklyn" das literarische Amerika der 60er Jahre in einen
kollektiven Schock versetzte. Das Geld, das er damit verdiente, legte
er in Alkohol und Drogen an. Am 26. April 2004 ist Hubert Selby im Alter
von 75 Jahren in Los Angeles an den Spätfolgen einer Lungenerkrankung
gestorben.
Hubert Selby wurde am 23. Juli 1928 in ärmlichen Verhältnissen
als Sohn eines alkoholkranken Vaters in Brooklyn (New York) geboren.
Früh verließ er die Schule und musste sich mit Gelegenheitsarbeiten
durchschlagen, etwa als Hafenarbeiter und Matrose. In dieser Zeit erkrankte
er an Tuberkulose, die ihn zu mehrjährigen Krankenhaus-Aufenthalten
zwang. Das Buch, das ihn schlagartig berühmt machte, erschien 1964:
"Last Exit Brooklyn" ("Letzte Ausfahrt Brooklyn")
handelt von der Perspektivlosigkeit kaputter Großstadtmenschen,
von Alkohol- und Drogensüchtigen, Prostituierten und Kriminellen.
Die schonungslose Darstellung der Gewalt brachte das Buch in einigen
Staaten auf den Index, in Großbritannien wurde es zeitweise wegen
Obszönität verboten. Samuel Beckett nannte den Roman ein "tiefernstes
und mutiges Kunstwerk". 1989 wurde das Kultbuch unter der Regie
von Uli Edel mit Stephen Lang und Jennifer Jason Leigh in den Hauptrollen
verfilmt. Mit seinen folgenden Büchern konnte Selby nicht mehr
an seinen Anfangserfolg anknüpfen. 1970 erschien der Roman "The
Room" (deutsch: "Mauern"), 1976 "The Demon"
(deutsch: "Der Dämon"), die Erzählungen "Song
of the Silent Snow" (deutsch: "Lied vom stillen Schnee")
kamen 1986 heraus, danach "Requiem for a Dream" (1978; deutsch:
"Requiem für einen Traum") und "The Willow Tree"
(1998; deutsch: "Willow Tree").
Buchcover:
Hubert Selby: Letzte Ausfahrt Brooklyn. Roman. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch
1972.
© Rowohlt Verlag,
Reinbek
(TourLiteratur
9 / Mai 2004)
Zurück zur Übersicht
"News-Archiv"
Zurück zur Startseite
Schiller-Gedächtnispreis
2004 für Christoph Hein
Der
in Berlin lebende Schriftsteller Christoph Hein wird für sein Gesamtwerk
am 10. November 2004 den mit 25.000 Euro dotierten Schiller-Gedächtnis-Preis
2004 des Landes Baden-Württemberg erhalten. In der Begründung der
Jury heißt es, Hein gehöre "durch seine klarsichtige
und unbestechliche Stimme" zu den bedeutendsten deutschen Gegenwartsautoren.
Und: "Christoph Hein hat in der DDR mutig Position bezogen und
ist auch in der gesamtdeutschen literarischen Landschaft eine eigene
und wichtige Stimme geblieben." (Aus der Pressemeldung des Baden-Württembergischen
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 11. März
2004) Der Schiller-Gedächtnispreis wurde 1955 aus Anlass des 150.
Todestages von Friedrich Schiller gestiftet und wird alle drei Jahre
an namhafte deutschsprachige Autorinnen und Autoren verliehen. Die beiden
jeweils mit 7.500 Euro dotierten Förderpreise gehen in diesem Jahr an
die Dramatikerinnen Rebekka Kricheldorf und Kathrin Röggla.
Christoph Hein wurde am 8. April 1944 als Sohn eines evangelischen Pfarrers
im schlesischen Heinzendorf geboren. Aufgewachsen ist er in Bad Düen
in der Nähe von Leipzig. Von 1958 bis zum Mauerbau 1961 besuchte
er ein humanistisches Gymnasium in West-Berlin, das Abitur legte er
1964 an einer Abendschule ab. Von 1967 bis 1971 studierte er Philosophie
in Leipzig und Ost-Berlin. 1971 wurde Hein Dramaturg an der Berliner
Volksbühne unter der Leitung von Benno Besson, 1974 wurde er als
Hausautor fest eingestellt. Im gleichen Jahr wurde sein erstes Stück
"Schlötel oder Was solls" uraufgeführt. Im Jahr
1979 verlässt Hein die Volksbühne und arbeitet seither als
freier Schriftsteller. Mit seinem Prosa-Erstling "Einladung zum
Lever Bourgeois" (1980) wurde er auch im Westen bekannt. In seiner
viel beachteten Rede vor 500.000 Demonstranten am 4. November 1989 auf
dem Ost-Berliner Alexanderplatz, also fünf Tage vor der Maueröffnung,
ergriff Hein Partei für die Belange der DDR-Bürgerrechtsbewegungen
und plädierte für die Etablierung eines wirklich demokratischen
Sozialismus. Seit 1992 ist Hein Mitherausgeber der "Ost-West-Wochenzeitung"
"Freitag". Im Oktober 1998 wurde Hein zum Präsidenten
des vereinigten deutschen P.E.N.-Zentrums gewählt (bis 2000).
Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Theaterstücke "Die
Geschäfte des Herrn John D." (1979), "Cromwell" (1980),
"Die wahre Geschichte des Ah Q" (1983), "Passage"
(1988), "Die Ritter der Tafelrunde" (1989), "Randow"
(1995) sowie "Bruch" (1999) und die Prosabände "Der
fremde Freund" (1982, im Westen u.d.T. "Drachenblut"
1983 veröffentlicht), "Horns Ende" (1985), "Der
Tangospieler" (1989), "Das Napoleon-Spiel" (1993) sowie
der Roman "Willenbrock" (2000). Zuletzt erschien bei Suhrkamp
sein Roman "Landnahme" (2004). Christoph Hein wurde u.a. mit
dem Heinrich-Mann-Preis (1982), dem Lessing-Preis (1989), dem Peter-Weiss-Preis
der Stadt Bochum (1998), dem Solothurner Literaturpreis (2000), dem
italienischen
Literaturpreis "Premio Grinzane Cavour" (2002)
sowie dem
Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur
(2003) ausgezeichnet.
Weiterführende
Links zu Christoph Hein
Buchcover:
Christoph Hein: Landnahme. Roman. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag 2004.
© Suhrkamp Verlag,
Frankfurt/Main
(TourLiteratur
9 / Mai 2004)
Zurück zur Übersicht
"News-Archiv"
Zurück zur Startseite
Preis
der Literaturhäuser für Peter Kurzeck
Der
Romanautor Peter Kurzeck ist - nach Ulrike Draesner (2002) und Bodo
Hell (2003) - als dritter Schriftsteller mit dem "Preis der Literaturhäuser"
2004 ausgezeichnet worden. Der 60-Jährige nahm den Preis am 11.
Mai 2004 im Literaturhaus Hamburg entgegen. Mit der Auszeichnung wird
jährlich ein Autor prämiert, der sowohl mit seinem literarischen
Werk als auch mit seinem Vortragsstil ästhetische Maßstäbe setzt. Der
Preis besteht aus einer Lesereise durch alle im "literaturhaeuser.net"
zusammengeschlossenen Literaturhäuser und ist mit insgesamt 8.000 Euro
dotiert. Zum Netzwerk gehören die Literaturhäuser Berlin, Hamburg,
Frankfurt/Main, München, Köln, Stuttgart, Salzburg und Basel. Für
die Realisation gemeinsamer Projekte ist eine Koordinationsstelle zuständig.
Peter Kurzeck wurde am 16. Juni 1943 in Tachau (Böhmen) geboren. Aufgewachsen
ist er als Flüchtlingskind im Raum Gießen. Seit 1977 lebt
er in Frankfurt/Main und in Uzès in Südfrankreich. Zu
seinen bekanntesten Werken zählt der Erzählband "Vor den Abendnachrichten"
(1996) und die Romane "Das schwarze Buch" (1982), "Kein
Frühling" (1987), "Übers Eis" (1997), "Als Gast" (2003) und
zuletzt "Ein Kirschkern im März" (2004). Peter
Kurzeck wurde u.a. mit dem Alfred-Döblin-Preis (1991), dem Großen Literaturpreis
der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1999), dem Hans-Erich-Nossack-Preis
(2000) und dem Stadtschreiberpreis Bergen-Enkheim (2000/2001) ausgezeichnet.
Thomas Anz in der "FAZ" (Nr. 298 vom 22. Dezember 1990)
üer Peter Kurzecks Roman "Keiner stirbt" (1990):
"Dieser Autor hat zu einem ganz eigenen, unverwechselbaren Stil
gefunden. Sein Buch ist ein Exemplar jener in Deutschland heute eher
seltenen Literatur, die, obwohl hoch artifiziell und formbewusst, nicht
mit sich selbst beschäftigt ist (...). Der Roman knüpft an
beste Traditionen der europäischen Moderne an, steht in der Nachfolge
von James Joyce, Marcel Proust und Alfred Döblin. (...) Wer noch
nichts von dem Autor gelesen hat, braucht etliche Seiten, bis er den
eigenwilligen Satzbauten flüssig zu folgen vermag. Doch dann entwickelt
diese stark verknappte, temporeiche Sprache einen mitreißenden
Sog. Ihr sind die geltenden Regeln der Syntax, der Rechtschreibung und
Zeichensetzung ziemlich egal (...)."
Burkhardt Lindner in der "Frankfurter Rundschau" (Nr. 231
vom 4. Oktober 1990) üer "Keiner stirbt":
"Ein schöner Roman, den man begierig auf einmal verschlingen
muss, wenn man sich auf seinen besonderen Ton einlässt. Und der
klingt leise, verhalten, anspruchslos. Keine dramatischen Handlungsverläufe,
kein üerquellendes Geschichtenerzählen, keine komplizierte
Selbstreflexion des Schreibens kann der Leser erwarten."
Thomas
Fitzel in der "Frankfurter Rundschau" vom 10. Juni 2003 üer
Peter Kurzecks Roman "Als Gast" (2003):
"Eigentlich ein sehr einfaches Buch. Und doch wieder schwierig.
Denn es will den Leser ganz und gar für sich. Aber wenn man sich
ihm hingeben kann, entwickelt es einen ungeheuerlichen Sog. Das ist
kein Roman, das ist ein betörender Gesang (...)."
Dorothea Dieckmann üer "Als Gast" (in der "Neuen
Zürcher Zeitung" vom 13. August 2003):
"Die rauschhafte, saugende Faszination dieser Prosa resultiert
aus der Identifizierung von Ich und Welt im Vollzug des Schreibens als
Schöpfung. (...) dieser so bescheidene wie selbstherrliche Roman
handelt (...) nicht von den Selbstzweifeln eines Individuums, sondern
von nichts als dem ohnmächtigen Suchtcharakter einer auf der Stelle
tretenden, vergeblich 'steigenden, ringenden, dürstenden' Sprache."
Ulrich Rüdenauer in der "Frankfurter Rundschau" (vom
28. April 2004) üer Peter Kurzecks Roman "Ein Kirschkern
im März" (2004):
"Peter Kurzecks Bücher sind ein einziger Versuch, das Gefühl
der vergehenden Zeit zu ertragen. Man merkt das seinen Sätzen an:
Gehetzt und ruhelos sind sie, so wie der Erzähler, den es durch
Frankfurt treibt und der (...) keinen festen Ort hat außer der
Sprache. In der Sprache bewegt sich Kurzeck wie ein Flaneur, er schweift
ab, geht Umwege, lässt sich treiben. (...) Peter Kurzecks Bücher
sind kontemplativ und flüchtig zugleich: Einüungen ins unvermeidliche
Verschwinden, das durch die Beobachtung des Alltags hinausgezögert
werden soll. Skrupulös wird jedes noch so am Rande liegende Detail
registriert, archiviert und in den eigentümlich ruckenden Takt
dieser Prosa gebracht."
Homepage literaturhaeuser.net
Buchcover:
1) Peter Kurzeck: Ein Kirschkern im März. Roman. Frankfurt/Main
u. Basel: Verlag Stroemfeld 2004.
2) Peter Kurzeck: Keiner stirbt. Roman. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag
2000. (= suhrkamp taschenbuch.)
(TourLiteratur
9 / Mai 2004)
Zurück zur Übersicht
"News-Archiv"
Zurück zur Startseite
Das
schönste deutsche Wort - Wettbewerb des Deutschen Sprachrats
Erdbeermund,
Liebe oder Auslegeware? Im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs
prämiert der "Deutsche Sprachrat" das schönste deutsche Wort.
Muttersprachler und Deutschlerner sind eingeladen, ihr liebstes, kostbarstes
deutsches Wort einzureichen und ihre Wahl mit einer kurzen Begründung
zu versehen. Akzeptiert werden auch Wörter in den Dialekten und in der
Umgangssprache. Die Projektleitung hat das Goethe-Institut unter Vorsitz
von Jutta Limbach. Der Wettbewerb endet am 1. August 2004. Hauptpreis
ist eine Reise für zwei Personen nach Mauritius. Mehr Infos auf der
folgenden Webseite:
Homepage
des Deutschen Sprachrats
(TourLiteratur
9 / Mai 2004)
Zurück zur Übersicht
"News-Archiv"
Zurück zur Startseite
|