Rezensionen > Zuckmayer, Carl / Seidel, Annemarie: Briefwechsel |
Viel
Tollheit und heiteres Saufen Carl Zuckmayer
/ Annemarie Seidel: Briefwechsel. Von dieser zeugen die �ber achtzig Briefe, die Gunther Nickel, Privatdozent an der Mainzer Universit�t, im Rahmen der Zuckmayer-Schriften zusammengestellt und sachkundig kommentiert hat. Garstige Seitenhiebe auf Schriftstellerkollegen finden sich ebenso wie grummelnde Kommentare zur weltpolitischen Lage oder kopfsch�ttelnde Randbemerkungen zur Situation des Theaters von der Weimarer Republik bis zu den Aufbaujahren der Bundesrepublik. Und immer wieder: "Manche W�stheit, einige Liebe". Zuckmayer wird nicht m�de, von "Saufgelagen" und amour�sen Abenteuern zu berichten. Was seine Frau, Alice von Herdan, nicht wissen darf: Mirl, wie er Annemarie liebevoll nennt, vertraut er es an. Nicht in allen Einzelheiten, aber pikant genug. Zahlreiche Briefe stammen aus der Zeit des amerikanischen Exils Zuckmayers. Im Herbst 1939 ist er in die USA gegangen, obwohl er, wie er mit bitterer Ironie einr�umt, au�er seinem "Mainzer Accent" keine weitere Fremdsprache beherrscht. W�hrend Zuckmayer in den Bergen von Vermont einigerma�en �ber die Runden kommt, sitzt Mirl gegen Kriegsende im ausgebombten Berlin und leidet wie fast alle Deutsche an Hunger und K�lte. Den Lebensmut will sie sich dennoch nicht nehmen lassen - trotzig bekennt sie im September 1946: "Das Leben ist sch�n." Ihr "Carlchen" unterst�tzt sie nach Kr�ften, schickt P�ckchen mit Kaffee, Zigaretten und neuen Schuhen. Annemarie Seidel ist zu dieser Zeit bereits seit zehn Jahren mit dem Verleger Peter Suhrkamp verheiratet. In den f�nfziger Jahren leidet die Ehe zunehmend unter Seidels exzessiver Trunksucht. 1954 trennen sich die beiden und beschlie�en f�nf Jahre sp�ter, sich scheiden zu lassen. Zwei Tage vor dem Gerichtstermin, Ende M�rz 1959, stirbt Peter Suhrkamp. Wenige Monate sp�ter folgt ihm Annemarie Seidel. Zuckmayer erf�hrt, tief best�rzt, vom Tod der Freundin erst aus der Zeitung. Bewegende Dokumente aus bewegter Epoche: Fesselnd, spannend und humorvoll lassen die Briefe ann�hernd vierzig Jahre Literaturgeschichte lebendig werden. Und erz�hlen von Freundschaft und Liebe in gar nicht freundlicher Zeit. Holger Dauer © TourLiteratur
/ Autor Eine leicht
gekürzte Fassung der Rezension erschien unter dem Titel "Manche
Wüstheit " zuerst in der "Allgemeinen Zeitung", Mainz
(Nr. 27 vom 2. Februar 2004). |