Special: Rezensionsprojekt Winnweiler (2005) > Rezensionen > Scholes, Katherine: Die Traumtänzerin |
Das
Schicksal führt in die Vergangenheit ... Katherine
Scholes: Die Traumtänzerin. Roman. Als die 20-jährige Zelda erfährt, dass ihre Mutter nicht bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, sondern sie als Kind verlassen hat, versucht Zelda ihrer Mutter Ellen auf die Spur zu kommen. Warum ist Ellen nach Indien gegangen? Die Geschichte der Mutter macht vieles deutlicher ... Katherine Scholes, die Autorin des Bestseller-Romans "Die Traumtänzerin", wurde 1954 in Tansania geboren und verbrachte dort den größten Teil ihrer Kindheit. Katherine Scholes ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt auf Tasmanien. Sie schreibt vorwiegend Romane für Jugendliche und arbeitet im Filmbereich. Der momentane Wohnort der Autorin ist ein Schauplatz des Bestseller-Romans, genauer: eine kleine Insel vor Tasmanien. Hier lebt auch die 20-jährige, tanzbegeisterte Zelda seit ihrer Geburt mit ihrem Vater James. Die Wahrheit, die Lüge seines Lebens, kommt ans Licht, als ihr Vater überraschend verstirbt. Zelda erfährt durch einen Zeitungsartikel, den ihr Vater aufbewahrt hat, dass ihre Mutter nach Indien gegangen ist. Zu Anfang stellt sich die Frage, warum Ellen ihre Tochter Zelda verlassen hat. Ein Sprung in die Vergangenheit macht dies deutlicher: Hier wird Ellens Leben nach Zeldas Geburt wie auch das Leben in Indien beschrieben. Weitere Sprünge in ihre Jugend machen klar, wieso Ellen ihre Familie im Stich gelassen hat. Ellen wuchs ohne ihren Vater, allein mit ihrer Mutter, auf. Ihre Mutter Margaret machte Ellen dafür verantwortlich, dass der Vater die Familie verlassen hatte. Jedoch war auch dies eine große Lüge, denn Ellen war das Ergebnis eines Seitensprungs der Mutter, weswegen sich der Vater von seiner Familie losgesagt hat. Die Wahrheit hat Ellen nie erfahren. Ihre Mutter Margaret war überaus streng, bestrafte sie grausam, gab ihr Beruhigungsmittel und versuchte sie sogar zu töten. Liebe und familiäre Wärme hat Ellen nie erfahren. Nach Versuchen, ihrer Tochter Zelda auch etwas anzutun, beschloss Ellen ihre Familie zu verlassen. Das schwere und einfache Leben erdrückte Ellen und um nicht zu einer Gefahr für ihre Tochter zu werden, kehrte sie nach Amerika zurück. Margaret schickte Ellen zum Ballettunterricht. Später besuchte Zelda mit einem Stipendium die beste Ballettschule in Amerika. Unterstützt von einem alten Mann, ohne den ihr Traum von dieser Ausbildung geplatzt wäre, konnte sie so vor ihrer Mutter flüchten. Ellen sah ihre Mutter nie wieder, denn Margaret war froh, sich ihrer Tochter entledigt zu haben und verzog später unbekannt nach England. Ellens beste Freundin Ziggy, die sie im Internat der Tanzschule kennen gelernt hatte, und deren Mutter Lucy erleichterten ihr das Leben und die harte Tanzausbildung. Ziggy musste aufgrund einer Erkrankung das Tanzen aufgeben. Ellen war nun wieder allein, dennoch schaffte sie es: Ellen wurde berühmt, tanzte auf den großen Bühnen der Welt und stand ständig im Rampenlicht. Dies alles änderte sich, als sie den Rechtsanwalt James kennen lernte, sie schnell heirateten und ein Leben in Luxus führten. James und Ellen, unzufrieden mit der die Liebe erdrückenden Lebensweise, beschlossen auszureißen und alles zurückzulassen. Das neue Leben in Ruhe und Idylle auf der kleine Insel vor Tasmanien war das Gegenteil ihres Lebens zuvor. Es war alles anders und niemand sollte wissen, wer sie war und woher sie kam. Nachdem sie James und Zelda verlassen hatte, suchte sie nach ihrer ehemaligen besten Freundin Ziggy. Ellen fand sie in einem Privatkrankenhaus für Unterernährte. Ziggy erklärte, dass sie unter dem Druck ihrer Mutter Lucy das Essen verweigerte. Ellen schlug vor nach Indien auszuwandern und dort ein neues Leben ohne die Vergangenheit zu beginnen. Ziggy stimmte zu. Sie hatte eine neue Freundin namens Skye in der Klinik gefunden, die sie nicht im Stich lassen wollte, und entschloss sich sie mitzunehmen. Jedoch war Ellen nicht davon begeistert, sich um zwei halb verhungerte Frauen zu kümmern. Schließlich hatte sie ja auch noch ihre eigenen Probleme. Am Ende schaffte es Ziggy doch, Ellen zu überzeugen. In Indien angekommen, kauften die drei Frauen sich ein Haus und begannen, die arme Bevölkerung mit Essen zu versorgen. Anfangs waren Ziggy und Skye unwillig und hoffnungslos. Dies änderte sich bald, als sie feststellten, dass es Spaß machte anderen Menschen zu helfen, und beide begannen wieder zu essen. Durch Ellen therapiert, versuchten sie ihr altes Leben zu verarbeiten. Ellen schrieb Briefe an James, dass sie zurück kommen wolle und sich geändert habe; er aber lehnte ab und verbot ihr den Umgang mit Zelda. Ellen gab sich später dem Hinduismus hin. Die drei wurden immer beliebter und anerkannter. Viele Menschen kamen aus dem Ausland, um von Ellen geheilt zu werden. Sie kauften sich ein größeres Haus, um mehr Menschen aufnehmen zu können. Der letzte Abschnitt des Romans wendet sich nun wieder Zelda, der Gegenwart in Indien, zu. Am Anfang ihrer Suche reist sie in die Stadt, in der ihre Mutter vermutlich lebt. Was war mit ihrer Mutter in den letzten Jahren geschehen? Lebte sie überhaupt noch? Wird Zelda sie finden? Kommt es zu einem Happy-End? In erster Linie ist zu sagen, dass das Buch fesselnd ist und man es nicht aus den Händen legen kann, wenn man einmal mit dem Lesen begonnen hat. Die Handlungssprünge sind klar gekennzeichnet und regen das Interesse an. Es fällt manchmal schwer, sich von der Geschichte zu lösen. Der Leser hat die Möglichkeit, Gedanken und Gefühle der Hauptfiguren Ellen und Zelda kennen zu lernen und ihren Persönlichkeiten näher zu kommen. Die Orte und die Ereignisse, die beschrieben werden, sind gut vorstellbar. Die Schilderung der Lebensweisen, das Inselleben, das Starleben der Mutter und das Leben in Indien, hinterlassen eine genaue Vorstellung. Enttäuschend ist das Ende des Romans, denn es wird über weite Strecken ein sehr hoher Spannungsbogen aufgebaut, dem der Schluss nicht gerecht wird. Die Reise in ein fremdes Land, verbunden mit einer Familiengeschichte, die erst nach und nach ans Licht kommt, ist sehr beeindruckend und fesselnd. In meinen Augen ist das Buch wirklich lesenswert. Svenja Baldauf © TourLiteratur
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