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Der
Killer von nebenan Paul Cleave:
Der siebte Tod.
Joe ist ein durchschnittlicher Bürger von Christchurch, der sein Leben völlig im Griff hat. Tagsüber jobbt er als Putzhilfe in einer Polizeiwache, abends besucht er seine Mutter oder - bringt Frauen um. Seine einzigen und besten Freunde sind Pickle und Jehova, seine Goldfische, die er nie vergisst zu füttern. Durch seine Arbeit lernt er Sally kennen, die sich sehr für ihn interessiert, da er sie an ihren verstorbenen Bruder erinnert. Doch den Putzjob hat er nicht aus finanziellen Nöten angenommen oder gar, weil er ihm Spaß macht. Vielmehr will er bei den Ermittlungen hautnah dabei sein. Er ist sich zwar sicher, dass die Polizisten ihn nie fassen werden, aber der Ermittlungsstand interessiert ihn trotzdem. Seine Arbeitskollegen denken, er sei ein gewöhnlicher, ungefährlicher und zurückgebliebener Junge von nebenan. In Wirklichkeit ist er jedoch ein sehr intelligenter Mann und kann durch seinen unauffälligen Charakter die Polizisten geschickt täuschen. Diese suchen nach dem "Schlächter von Christchurch", wie ihn die Presse betitelt, einem Mann, der eine Reihe von Frauenmorden begangen haben soll. Insgesamt sieben Morde werden ihm angerechnet. Joe weiß jedoch, dass es nur sechs sein können. Er weiß es, weil nur er es wissen kann. Deshalb beginnt er damit, auf eigene Faust den Mörder der siebten Frau zu suchen. Sein Ziel: Diesem Mann auch die anderen Morde anhängen. Während dieser Suche entdeckt Joe einige kuriose Hintergrunddetails der Tat und versucht, sich in die Rolle seines Nachahmers zu versetzen. Dies nimmt sehr viel Zeit und Kraft in Anspruch und deshalb beschließt Joe eines Abends, in eine Bar zu gehen, um sich von seinen Strapazen zu erholen. Dort lernt er Melissa kennen, eine sehr hübsche, intelligente Frau, die sich für Polizisten interessiert. Ohne dies zu ahnen, erzählt Joe ihr, dass er Polizist sei und gegen den "Schlächter von Christchurch" ermittele. Aus diesem Gespräch entsteht eine zwiespältige Beziehung zwischen den beiden, die sich mehrmals im Verlaufe der Handlung von einem Extrem ins andere wendet. Seine Arbeitskollegin Sally überlegt unterdessen, wie sie Joe näher kennen lernen könnte. Sie beschließt, ihm nach der Arbeit nach Hause zu folgen und aus irgendeinem Grund hat sie von da an das Bedürfnis, ihn weiterhin zu beobachten. Dabei bekommt sie das Gefühl, dass Joe bedroht wird, und versucht, heimlich auf ihn aufzupassen. Weil sie jedoch nie mit ihm über diese Dinge spricht, missdeutet sie die Tatsachen und sieht Joe mit völlig falschen Augen. Ob es Joe gelingt, dem zweiten Täter alle Morde anzuhängen und welche Rolle sein linker Hoden in dieser Geschichte spielt, lassen wir hier natürlich offen. Der Autor Paul Cleave wurde am 10. Dezember 1974 in Christchurch, Neuseeland, geboren, wo er bis heute lebt. Seine Romane spielen in seinem Heimatort, wodurch er den Schauplatz sehr realistisch und naturgetreu beschreiben kann. Sein Debütroman "Der siebte Tod" (Originaltitel: "The Cleaner") brachte ihm den Durchbruch in seiner jungen Schriftstellerkarriere. "Der siebte Tod" ist ein wirklich spannender Thriller. Die Gedanken und Empfindungen der Figuren werden ausführlich beschrieben, ihre Handlungen sind dadurch gut nachvollziehbar. Cleave kreiert interessante Protagonisten und verleiht ihnen einen einzigartigen Charakter. Es ist spannend zu lesen, wie sich im Verlauf der Geschichte die einzelnen Figuren entwickeln. Erstaunlicherweise schafft er es, die Handlungsweise der Hauptfigur Joe so verständnisvoll wiederzugeben, dass der Leser eine Sympathie für diesen Serienmörder aufbaut. Man hofft bis zum Ende der Geschichte, dass Joe seinen Plan verwirklichen kann und dass er ungestraft davonkommt, obwohl man genau weiß, dass er eine harte Strafe verdient hätte. Dieses Verständnis für die grausamen Taten ist wohl vor allem auf die Art und Weise zurückzuführen, wie die Gedankenwelt dieses Killers aufgebaut ist. Sein Humor und seine Fürsorglichkeit überspielen die negativen Aspekte seines Charakters. Außerdem wird man immer wieder von der Genialität und der Vollkommenheit seiner durchdachten Handlungen fasziniert. Was uns ebenfalls sehr gut gefallen hat, ist der 'schwarze Humor' und die absurde Ironie der Gedanken und Emotionen Joes. Dieser macht sich große Vorwürfe, eine Katze getötet zu haben, wobei ihn der Mord an deren Besitzerin vollkommen kalt lässt. Dieser 'schwarze Humor' spiegelt sich überdies darin, dass Joe fortlaufend bei kleinen, guten Taten seine überaus große Menschlichkeit betont, obwohl er ja in Wirklichkeit ein skrupelloser Frauenmörder ist. Was den Leser außerdem bannt und das Buch spannend hält, sind die abstrakten Geschehnisse und die unerwarteten Wendepunkte. Sie machen es dem Leser schwer, das Buch zur Seite zu legen und seine Neugier wächst von Kapitel zu Kapitel. Abschließend kann man sagen, dass Joe ein sehr interessanter Charakter ist und es - bei aller Distanz und Abscheu - Spaß macht, mehr über seinen Charakter zu erfahren und in die Gedankenwelt eines psychisch gestörten Mörders einzutauchen.
Alex Eichenauer, Marcel Scheid © TourLiteratur
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