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Special: Rezensionsprojekt Winnweiler (2004) > Rezensionen > Ohnemus, Günter: Reise in die Angst

Copyright: Droemer Knaur Verlag, MünchenEntdecken auch Sie Ihre kriminelle Energie!
Günter Ohnemus verzaubert seine Leser

Günter Ohnemus: Reise in die Angst. Roman.
München: Droemer Knaur Verlag 2003.
ISBN 3-426-62416-8
304 Seiten.
EURO 8,90

Reise in die Angst? Das haben wir uns auch gefragt, als wir dieses einfache rosa-schwarz-wei�e Layout bei der Auswahl eines zu rezensierenden Buches gesehen haben. "Sicher kann man sich ja nie sein", haben wir uns gedacht, da wir nicht die typischen Leseratten sind, was man schon an unserer F�cherwahl, Deutsch-Grundkurs, deutlich erkennen kann. 304 Seiten ist eine Menge, aber irgendwie mussten wir es schaffen, also: "Augen zu und durch..."

Doch wir waren sehr positiv �berrascht, als wir uns in die ersten Seiten eingelesen hatten. G�nter Ohnemus hatte uns wirklich verzaubert, wie er es auch in einem Interview mit Nicola Bardola (www.droemer-weltbild.de) schildert:

"Ich glaube, ich bin Schriftsteller geworden, weil mich in fr�hen Jahren jemand einmal, zweimal, ein paarmal mit einem Buch vollkommen ver�ndert hat, verzaubert hat, und weil ich dann irgendwann diesen Zauber selber machen wollte, und zwar deswegen, weil der Zauber auch den Zauberer verzaubert."

Im Gegensatz zu anderen B�chern mussten wir uns bei diesem Buch nicht durchqu�len, sondern lasen es mit Vergn�gen und in einer f�r uns erstaunlich kurzen Zeit. Der 52-j�hrige Harry Willemer ist seit drei�ig Jahren Taxifahrer und war, bevor "es" passierte, Schriftsteller ("Man kann nicht mehr Schriftsteller sein, wenn man niemanden mehr liebt. Wenn man keine Hoffnung mehr hat."). Diese Hoffnung verlor er, als seine Frau, Ellen, bei einem Streit Angst vor ihm bekommen hatte. Ellen baute, nachdem sie ihn verlassen hatte, einen Autounfall, bei dem ihr gemeinsames Kind Jessie umgekommen ist. Harry kommt �ber die Sache nicht richtig weg, immer wieder l�sst er die Szenen Revue passieren, meint aber einen Airbag zu sehen, der zu der Zeit des Unfalls noch nicht erfunden war. Der Taxifahrer hat jetzt nichts mehr und beschlie�t, wie es seine Mutter immer gesagt hatte, alles aufzugeben und auf Reisen zu gehen, daher kommt ihm sein Beruf als Taxifahrer sehr entgegen.

Eines Tages, an einem Donnerstag, steigt eine junge Frau, eine Russin namens Sonja, in sein Taxi ein und bittet ihn, sie zum Flughafen zu bringen. Durch ihr st�ndiges nach hinten Schauen bemerkt Harry ihre Nervosit�t. Dadurch kommen sie ins Gespr�ch. Sonja entpuppt sich als "Mafiabraut", die vor ihrem Mann Aljoscha flieht. Sie hat 4 Millionen Dollar in der Tasche und will nach Luxemburg. Harry bietet ihr seine Hilfe an, indem er sie mit seinem Taxi nach Luxemburg f�hrt - was er als weniger gef�hrlich empfindet. Au�erdem findet er sie h�bsch und versp�rt aus unerkl�rlichen Gr�nden das Verlangen sie zu besch�tzen.

Ehe Harry wei�, wie ihm geschieht, wird er selbst in die Geschichte hineingezogen - er wird zum Verbrecher und schon bald gibt es kein Entkommen mehr. Obwohl Harry nicht auf j�ngere und vor allem russische Frauen steht, da er diese f�r "anma�end und unversch�mt" h�lt, schlafen die beiden miteinander. Harry bezeichnet diese Beziehung nicht als Liebe, sondern als "vollkommene Aufl�sung". Sonja und Harry sind jetzt zusammen in dieser Geschichte und wollen und k�nnen sich nicht mehr im Stich lassen. Nach und nach entdeckt sie in ihm eine "kriminelle Energie" und so schmieden sie gemeinsame Pl�ne, wie sie am besten vor der Mafia und jetzt auch noch vor der Polizei fliehen k�nnen.

Was uns and dem Buch besonders beeindruckt hat, war nicht unbedingt die eigentliche Geschichte, sondern eher die kleinen Momente der Story. G�nter Ohnemus verwendet Gleichnisse aus der Bibel, etwa die Geschichte mit dem Senfkorn, indem von einer Mutter erz�hlt wird, die vergebens nach einem Haus sucht, in dem noch kein Mensch gestorben ist. Aus diesem Haus solle sie eine Handvoll Senfsamen beschaffen, die durch ein Ritual von Buddha ihren verstorbenen Sohn zum Leben erwecken k�nnten. Sie muss jedoch feststellen, dass ein solches Haus nicht existiert und sie lernt mit dem Tod umzugehen.

Bei dem russischen M�rchen beeindruckte uns der Gegensatz zwischen Himmel und H�lle - nichts solle sie unterscheiden, au�er dass die Menschen im Himmel ihrem Nachbarn einen zu langen L�ffel zum Mund f�hren. Die Menschen in der H�lle hingegen kommen nicht auf solche Ideen und k�nnen somit nicht mit diesen zu langen L�ffeln umgehen. Im Vergleich zu anderen Buchvorstellungen lernten wir das Buch sch�tzen, da es uns noch nach dem Lesen weiterhin besch�ftigt hat.

Dieses Buch hat uns durch und durch fasziniert und ist deswegen f�r uns sehr schwer zu beschreiben. Das Ende jedoch hat uns anfangs etwas irritiert und auch entt�uscht, Harry ist einfach weg und l�sst Sonja im Stich. Aber wir haben festgestellt, dass ein anderer Schluss einfach nicht gepasst h�tte. Abschlie�end ist zu sagen, dass wir "Reise in die Angst" nur weiter empfehlen k�nnen. G�nter Ohnemus ist nicht durch Krimis und Thriller bekannt geworden, was einen Fan des Autors bei diesem Buch zu Beginn verwirren k�nnte, trotzdem ist er noch der Alte geblieben, da er auch in diesem Werk feinsinnig schreibt und auf die kleinen Dinge des Alltags achtet.

Das Buch ist f�r so ziemlich alle geeignet, weil es romantische Elemente, aber auch Aktion enth�lt. G�nter Ohnemus erl�utert uns das Leben der Buddhisten, der Russen, der Deutschen und der Juden. Das Buch bleibt unter anderem durch diese Vielf�ltigkeit abwechslungsreich und wird somit nicht langweilig. "'Reise in die Angst' ist ein spannender Thriller und gleichzeitig eine bewegende Liebesgeschichte" (Der Spiegel). Dem k�nnen wir nur zustimmen, wobei anzumerken ist, dass es bei der Beziehung zwischen Sonja und Harry nicht um Liebe geht, was mehrmals im Buch angedeutet wird. Nat�rlich k�nnte damit die Liebesgeschichte zwischen Harry und Ellen gemeint sein, dementsprechend sollte dann aber erw�hnt werden, dass ihre Liebesgeschichte tragisch ausgeht.

Jennifer Hughes, Malwina Krzyworzeka

© TourLiteratur / Autorinnen
Alle Rechte vorbehalten
Buchcover: © Droemer Knaur Verlag, München

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